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Dr. Gertrud Luckner geb. Jane Hartmann

DR. GERTRUD LUCKNER wurde als Jane Hartmann am 26. September 1900 in Liverpool geboren. Ihre leiblichen Eltern waren Gertrude und Robert Hartmann. Ihre Pflegeeltern, Karl und Luise Luckner, nahmen sich der kleinen Jane an und adoptierten sie 1922. Bedingt durch Umzüge, Krankheiten (unter anderen TB) und den Krieg 1914-18 besuchte sie keine Schule regelmäßig und konnte so auch erst mit 25 Jahren ihr Abitur machen. Sie durchlief verschiedene Praktika im sozialen Bereich. Danach absolvierte sie ein Volkswirtschaftsstudium in Königsberg, Frankfurt und Birmingham. Ihren Studienabschluss als Diplom-Volkswirtin legte sie im Sommer 1929 ab. 1931 zog GERTRUD LUCKNER nach Freiburg. Sie wurde dort promoviert, studierte aber auch am Institut für Caritaswissenschaften.
Wie Dr. Hans-Josef Wollasch in seinem Buch über GERTRUD LUCKNER schreibt, durchschaute sie „als kritische Leserin von Adolf Hitlers Programmschrift Mein Kampf, als aufmerksame Beobachterin seiner Redeauftritte und des Erscheinungsbildes der SA in der Öffentlichkeit“ (Quelle 71, s. 19) bereits 1931, dass diese neue Bewegung judenfeindlich und menschenverachtend war. GERTRUD LUCKNER war Pazifistin. Sie lernte vor ihrer Konversion zum katholischen Glauben Schwester Placida (EVA LAUBHARDT ) kennen.
DR.GERTRUD LUCKNER war in vielfältiger Weise während des nationalsozialistischen Terrorregimes deutschlandweit zur Unterstützung, Hilfe und Rettung für jüdische Menschen unterwegs. Schon ab 1933/1934 wurde ihr Briefwechsel überwacht. DR. GERTRUD LUCKNER fand neue Wege, Hilfe zur Rettung jüdischer Menschen über die grüne Grenze in die Schweiz zu leisten. Bei einem Vortrag über sie zeigte Dr. Hans-Josef Wollasch Skizzen von Fluchtwegen über Singen am Hohentwiel, die wohl DR. GERTRUD LUCKNER benutzt oder weitergegeben hat. Mehrere ehemalige Freiburgerinnen erzählten, unter ihnen z.B. Familie Lais, dass GERTRUD LUCKNER nach der Reichspogromnacht im November 1938 mit dem Fahrrad jüdische Familien aufgesucht und ihre Hilfe angeboten hat. Sie leistete immer wieder vielfältige Hilfe, oft mit Unterstützung des Freiburger Erzbischofs. Sie baute persönlich Netzwerke auf – ohne das Leben der Mitwissenden unnötig zu gefährden. Sie ging sehr geschickt vor und reiste überwiegend nachts.

Else Pripis, geborene Geismar, eine Überlebende aus dem KZ Theresienstadt, erzählte, dass GERTRUD LUCKNER  ihrem Bruder Alfred Geismar aus Emmendingen mehrfach Päckchen mit Lebensmitteln an seine Berliner Adresse geschickt hatte. Sie sagte, dass  ihr Bruder ohne diese Hilfe nicht hätte überleben können. Else Pripis-Geismar besuchte GERTRUD LUCKNER  nach dem Nazi-Terror, sie wollte sich für die Unterstützung ihres Bruders bedanken. Eigentlich wollten die beiden zusammen essen gehen, aber – so erzählt Else Pripis – GERTRUD LUCKNER war so aufgeregt, als sie vom Schicksal ihres Bruders hörte, der sich im Alter von 17 Jahren das Leben nahm, dass sie nicht ausgingen.

DR. GERTRUD LUCKNERs weiteres Leben:

  • Verrat durch den Kollegen Rappenecker vom Caritasverband
  • Verhaftung am 24. März 1943, Polizeigefängnisse Wuppertal, Düsseldorf und Berlin
  • Die Vorwürfe gegen sie: „Hilfe für Juden beim Verlassen des Landes ( … ) Illegale Arbeit für das Judentum“ (Quelle 71, S. 38).
  • Nach acht Monaten Haft wurde sie am 5. November 1943 in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert Sie bekam die Häftlingsnummer 24648 und den sogenannten „roten Winkel“ für politische Häftlinge. Sie wurde im KZ von der ebenfalls inhaftierten Ordensschwester EVA LAUBHARDT (Schwester Placida) und KATHARINA KATZENMAIER , später Schwester Theodolinde  unterstützt. Außerdem erhielt sie hin und wieder Post oder auch Päckchen. Nach zwei Jahren schrecklicher KZ-Haft wurde GERTRUD  LUCKNER von Ravensbrück aus Ende April 1945 auf die sogenannten Todesmärsche geschickt.

In einem Gespräch mit Schwester Theodolinde vom 2. Januar 1990 im Altersheim St. Vinzenz in Freiburg berichtete DR. GERTRUD LUCKNER :

„Ich sehe fast nichts mehr, ich höre nur sehr schlecht. ( … ) Das Konzentrationslager war die Hölle. Das wissen wir, die wir das Schlimmste an menschlichem Sadismus und Grausamkeit Tag für Tag erdulden mussten. ( … ) Meine Nächte sind erneut geplagte Stunden, wenn ich im Wachtraum aufschreie vor Angst vor den Greueln der SS, die auf mich einschlagen, brüllen, bis ich todmüde nervlich ermatte, diesmal in meinem Bette hier. Und alle sogenannten „Spätschäden“ werden uns bis zum Tod begleiten und körperlich und seelisch so zusetzen, dass wir stets unverstanden überall unter Menschen sein werden.“

Am 28. April sollte das KZ Ravensbrück noch von der SS-Lagerführung gesprengt werden(…) Zündschnur und Sprengladung waren bereits gelegt, rasch hätten alle Holzbaracken mit den Häftlingen in die Luft gesprengt werden können. Es sollten 25.000 Mädchen, Frauen und Kinder so von der SS ermordet werden (Quelle 55, S. 24 7 u. S. 250). GERTRUD LUCKNER fand zum Glück, wie sie später sagte, ein Paar weggeworfene Schuhe. Sie zog sie an und war überzeugt, dass diese ihr wohl das Leben retteten. Sie überlebte die Märsche und kehrte später nach Freiburg zurück. 1951 wurde sie nach Israel eingeladen. In Yad Vashem, dem Holocaust-Museum in Jerusalem, wurde ihr zu Ehren ein Baum gepflanzt. 1966 wurde sie ausgezeichnet als eine der „Gerechten unter den Völkern“, das ist die höchste Auszeichnung des Staates Israel.

DR. GERTRUD LUCKNER starb am 31. August 1995, fast 95 Jahre alt, in Freiburg.

DR. GERTRUD LUCKNER was born Jane Hartmann on September 26, 1900, in Liverpool. Her biological parents were Gertrude and Robert Hartmann. Her foster parents, Karl and Luise Luckner, took care of little Jane and adopted her in 1922. Due to relocations, illnesses (including tuberculosis) and the war of 1914-18, she did not attend school regularly and was not able to graduate from high school until she was 25 years old. She went through various internships in the social sector. She then studied economics in Königsberg, Frankfurt and Birmingham. She graduated with a degree in economics in the summer of 1929. In 1931, GERTRUD LUCKNER moved to Freiburg. She received her doctorate there, but also studied at the Institute for Caritas Sciences.

As Dr. Hans-Josef Wollasch writes in his book about GERTRUD LUCKNER, she recognized „as a critical reader of Adolf Hitler’s programmatic pamphlet Mein Kampf, and as a careful observer of his speech appearances and of the SA’s public image“ (Source 71, p. 19) that this new movement was inhuman and hostile to Jews as early as in 1931. GERTRUD LUCKNER was a pacifist. She met Sister Placida (EVA LAUBHARDT ) before her conversion to the Catholic faith.
DR. GERTRUD LUCKNER was active in many ways during the Nazi terror throughout Germany, as she supported and rescued Jewish people. Her correspondence was monitored as early as 1933/1934. DR. GERTRUD LUCKNER found new ways to help rescue Jewish people across the German-Swiss border. During a lecture about her, Dr. Hans-Josef Wollasch showed sketches of escape routes via Singen am Hohentwiel, which DR. GERTRUD LUCKNER probably used or passed on. Several former Freiburg residents, among them e.g. the Lais family, told that GERTRUD LUCKNER had visited Jewish families by bicycle after the Reich Pogrom Night in November 1938 and offered her help. She provided help time and again in many ways, often with the support of the Archbishop of Freiburg. She personally built up networks – without unnecessarily endangering the lives of those who knew her. She proceeded very skillfully and traveled mostly at night.
Else Pripis (born Geismar), a survivor from the concentration camp Theresienstadt, recounted that GERTRUD LUCKNER had sent parcels with food to her brother Alfred Geismar from Emmendingen to his Berlin address several times. She said that her brother could not have survived without this help. Else Pripis-Geismar visited GERTRUD LUCKNER after the Nazi terror, as a way to thank her for her support. Actually, the two wanted to have dinner together, but – as Else Pripis tells – GERTRUD LUCKNER was so upset when she heard about the fate of her brother, who took his own life at the age of 17, that they did not go out.

DR. GERTRUD LUCKNER’s further life:

– Betrayal by her colleague Rappenecker of the Caritas Association
– Arrest on March 24, 1943, police prisons in Wuppertal, Düsseldorf and Berlin
– The charges against her: „Helping Jews to leave the country ( … ) Illegal work for Judaism“ (Source 71, p. 38).
-After eight months of imprisonment, she was deported to the Ravensbrück women’s concentration camp on November 5, 1943 She was given prisoner number 24648 and the so-called „red triangle“ for political prisoners. She was supported in the concentration camp by the nun EVA LAUBHARDT (Sister Placida), who was also imprisoned, and KATHARINA KATZENMAIER , later Sister Theodolinde. She also received mail and small parcels from time to time. After two years of terrible concentration camp imprisonment, GERTRUD LUCKNER was sent from Ravensbrück on the so-called death marches at the end of April 1945.

In a conversation with Sister Theodolinde on January 2, 1990 at the St. Vinzenz nursing home in Freiburg, DR.GERTRUD LUCKNER reported :

„I see almost nothing anymore, I hear only very badly. ( … ) The concentration camp was hell. We who had to endure the worst of human sadism and cruelty day after day know that. ( … ) My nights are again tormented hours, when I cry out in my waking dreams in fear of the atrocities of the SS, who beat on me, yelling until I fatigue nervously, this time in my bed here. And all the so-called „late effects“ will accompany us until death, and will physically and mentally affect us in such a way that we will always be misunderstood everywhere among people.“
On April 28, the Ravensbrück concentration camp was supposed to be demolished by the SS camp leadership.(…) The fuse and explosive charge had already been set, and all the wooden barracks could have been quickly blown up with the prisoners. In this way, 25,000 girls, women and children were to be murdered by the SS (Source 55, p. 24 7 u. p. 250).

GERTRUD LUCKNER fortunately found, as she later said, a pair of discarded shoes. She put them on and was convinced that they probably saved her life. She survived the marches and later returned to Freiburg.

In 1951, she was invited to Israel. A tree was planted in her honor at Yad Vashem, the Holocaust Museum in Jerusalem. In 1966, she was honored as one of the „Righteous Among the Nations,“ which is the highest honor bestowed by the State of Israel. DR. GERTRUD LUCKNER died in Freiburg on August 31, 1995, almost 95 years old.

Abb. 12 Gertrud Luckner
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