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Gustav Adolf Weber

GUSTAV ADOLF WEBER wird am 21. Februar 1904 in Lahr/Baden als Sohn von Gustav und Luise Weber geb. Heller geboren. Mit den Geschwistern Helene, Paul und Otto wächst er in der Freiburger Lehener Str. auf. Die Eltern vermitteln dem Jungen schon im frühen Alter eine musikalische Ausbildung und erziehen alle Kinder im Geiste eines strengen Protestantismus. „Zeit seines Lebens war Gustav Adolf Weber tief religiös“.

Nach seiner Ausbildung zum Verlagskaufmann führen ihn berufliche Interessen 1931 zuerst nach Dresden, dann nach Berlin. Die folgenden 10 Jahre bis zu seiner Verpflichtung als Soldat in der Wehrmacht im Februar 1941 sind gekennzeichnet von beruflichen sowie privaten Turbulenzen: Dem Scheitern der ersten Ehe wenige Jahre nach der Geburt von Tochter Gisela (später Dr. Gisela Luginbühl -Weber) im Jahre 1935; der Rückkehr 1938 nach Freiburg – zu einer neuen Arbeitsstelle ? – und schließlich der 2. Heirat im Mai 1940, an welche sich im Juni 1941 die Geburt der Tochter Christa Luise anschließt. Diese wird ihren Vater nie kennenlernen …

Denn im Mai 1941 wird GUSTAV ADOLF WEBER nach Frankreich versetzt, dient dort in der Propagandakompanie 649 in Le Mans. Ihr Ziel ist, mittels Wort – und Bildberichterstattung in den Publikationsmitteln Film und Rundfunk Material zusammenzustellen, welches die Wehrmacht zur Stärkung eigener Wehrhaftigkeit durch die Dämonisierung des politischen Gegners einsetzt.

Bei seiner Arbeit „kommt es zu einem folgenschweren Fund. Gustav Adolf Weber stößt auf der Suche nach Bildmaterial zur Verwendung in Wochenschauen auf Fotos aus Osteuropa, die sowohl die grauenhaften Verhältnisse in dortigen Konzentrationslagern (KZ’s) als auch die Kriegsverbrechen der Wehrmacht zeigen. Der Fund entsetzt ihn und stürzt ihn in schwerste Gewissenskonflikte. Von einer autoritären Erziehung und Umwelt geprägt, in tiefer Gottgläubigkeit gefangen, die ihren äußeren Ausdruck in der Zugehörigkeit zu einer freireligiösen Glaubensgemeinschaft gefunden hat und bisher mit dem Schrecken des Krieges noch kaum konfrontiert, stürzt eine Welt für ihn zusammen“.

Soll er sich den Kameraden anvertrauen – und wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Kriegsverrat“ schwerste Strafen riskieren ?
Doch seine Einstellung bleibt den Vorgesetzten nicht verborgen. Sie führt am 28.2.1942 zu seiner Einlieferung in das Wehrmachtsgefängnis von Le Mans und zur Verurteilung zu einen Jahr und sechs Monaten Gefängnis wegen „Wehrkraftzersetzung“. Warum die Höhe der Strafe so außerordentlich niedrig ausfällt, kann nicht mehr verifiziert werden, da uns keine Akte des Verfahrens vorliegt. Dass aber dem militärischen Befehlshaber das Urteil völlig unangemessen weil viel zu moderat erscheinen wird und eine Neuverhandlung vor der nächsten Instanz mit Sicherheit zu erwarten ist, davon ist GUSTAV ADOLF WEBER überzeugt.

Doch bevor es bei ihm dazu kommen kann, ist er verschwunden. Genau so wenig wie sein späterer Fluchtweg sind auch die ganz genauen Umstände seiner Flucht bekannt. Ein Gefängniswärter, von den Erschießungen entsetzt und über das drohende Schicksal von Gustav Adolf Weber informiert, soll eine Gefängnistür offen gelassen haben, durch die der Delinquent entweichen konnte“.
Ab jetzt geht GUSTAV ADOLF WEBER „das Risiko ein, als Deserteur gefasst und zum Tode verurteilt zu werden… Doch nach seiner geglückten Flucht aus dem Gefängnis kennt Gustav Adolf Weber nur ein Ziel: Nach Hause. Und damit begeht er den entscheidenden Fehler, der ihn das Leben kosten wird. Denn der einzig erfolgversprechende Fluchtweg hätte nach Süden in Richtung Pyrenäen, Spanien und Portugal führen müssen. Sein Weg nach Osten hingegen führt in den Tod“. Vorerst „bewegt er sich in Richtung Freiburg, wobei er wohl in den Nächten unterwegs ist“ und Mitte Juni das Elsaß und den Rhein erreicht. Den will und muss er in Richtung Heimat zuallererst überqueren.

Über die näheren Umstände des Todes von GUSTAV ADOLF WEBER ist keine eindeutige Aussage möglich. Seine Leiche wird am 29. Juni 1943 im Hafenbecken von Karlsruhe-Maxau schwimmend entdeckt. Mehrere Versionen über seinen Tod verbleiben. Die wahrscheinlichste besagt, „dass er bei dem Versuch, den Rhein schwimmend zu überqueren, entdeckt und erschossen wurde“; denn ein natürlicher Tod ist nicht haltbar, da er als guter und ortskundiger Schwimmer bekannt war. Er wird nur 39 Jahre alt.
STOLPERSTEIN-Verlegung für GUSTAV ADOLF WEBER (im Beisein seiner Tochter Dr.Gisela Luginbühl-Weber) im September 2006 in der Lehenerstr. 12 – 14.

Quelle: Andreas Meckel, Deserteur aus Gewissensnot. Das Schicksal des Gefreiten Gustav Adolf Weber aus Freiburg. In: Freiburger Almanach. Illustriertes Jahrbuch 2010, S. 99 – 106. Alle Zitate sind der obigen Veröffentlichung entnommen.
Die Zitate entstammen vielen Gesprächen zwischen Dr.Gisela Luginbühl-Weber und Marlis Meckel.

Die Diffamierung von Deserteuren der Wehrmacht wurde in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg noch jahrzentelang aufrechterhalten. Von dem Vorwurf, „Drückeberger, Feigling und Verräter“ zu sein, konnten sich weder die betroffenen Familien und die Öffentlichkeit noch die bundesdeutsche Justiz freimachen. Auch die Verwaltung war dem lang anhaltenden repressiven Kurs der Nachkriegszeit verhaftet. Erst in den Gesetzen von 2002 und 2009 hob der Deutsche Bundestag die Unrechtsurteile der NS-Militärjustiz auf.
Für die Betroffenen und ihre Angehörigen konnte eine derart späte Rehabilitierung ihrer ihrem Gewissen folgenden Verhaltensweise keine Genugtuung erbringen. Eine solche scheiterte ohnehin daran, dass die über ihre Opfer oft willkürlich und mit tragischem Ausgang verfügende Militärjustiz mit keinerlei Konsequenzen zu rechnen hatte und sich damit vom Vorwurf begangenen Unrechts für viele Jahrzehnte lang freigesprochen fühlte.
Die Familien von GUSTAV ADOLF WEBER haben niemals irgendwelche „Wiedergutmachungen“ erfahren.

Recherche: Peter Künzel und Marlis Meckel, Projekt STOLPERSTEINE in FREIBURG.

 

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