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Heinrich Müller

In der Basler Zeitung erschien ein Artikel über eine Führung zu den STOLPERSTEINEN in Freiburg.
Ein paar Tage später kam ein Anruf aus der Schweiz. Manfred Messmer wünschte sich für seine von den Nazis im KZ erschossenen Großeltern STOLPERSTEINE.
Sein Großvater war HEINRICH MÜLLER, geboren am 11. März 1876 in Basel.
Er war verwitwet gewesen und in zweiter Ehe verheiratet mit Lina Müller-Stumpp 214.
Sie hatten zusammen die Tochter Elisabeth, die am 18. November 1926 in Freiburg geboren wurde. Sie wohnten in der Albertstraße 32, heute Katharinenstraße 15, im dritten Stock.
Wie der Enkel erzählte, war die Tatsache, dass die Großeltern erschossen wurden, ein Tabuthema in der Familie.
Er wusste nur, dass sie im Widerstand gegen die Nazis gewesen waren und hatten wohl auch jüdische Menschen über die Grenze in die Schweiz gebracht.
Der „Held“ der Familie sei sein Soldatenvater gewesen, der Mann von Elisabeth Müller, der in Frankreich gekämpft hatte.
Als Grund, warum er die STOLPERSTEINE unbedingt wollte, nannte Manfred Messmer: „Ich bin Schweizer, aber doch nicht richtig.
Ich habe lange überlegt, ob ich einen deutschen Pass beantragen soll.
Mit den Steinen will ich die Deutschen auch provozieren, ich kann es nicht ertragen, dass die Geschichte vergessen wird.
Nun liegen die Steine da und jeder sieht sie.“ Ohne den Enkel wäre das Schicksal von HEINRICH MÜLLER und seiner Frau niemals bekannt geworden.
Wie bei späteren Recherchen herausgefunden wurde, sind die 1943 am Kaiserstuhl abgesprungenen Fallschirmagenten Elsa Noffke und Georg Tietze, zur sowjetischen Spionageorganisation „Rote Kapelle“ gehörend,
schnell gefaßt, gefoltert worden und auch in Konzentrationslagern ermordet worden. Mit diesen beiden Agenten haben die MÜLLERs u.a. – gegen die Nazis – zusammengearbeitet.
Heinrich Müller wurde zusammen mit seiner Frau in einem großen zivilen PKW aus der Albertstraße abgeholt. Eine Nachbarin, damals Kind, die die Verhaftung am 23. April 1943 beobachtete, erzählt:

„Die Männer hatten Ledermäntel an und das Paar stieg in das Auto. Ich habe das Bild noch heute vor Augen und kann das nie vergessen.“
Die damals 16jährige Tochter Elisabeth Müller wurde an ihrem Arbeitsplatz verhaftet.
Sie berichtete über die Verhaftung von ihr und ihren Eltern: „Wir sind in Handschellen ins Auto gebracht worden…dann mit dem Zug nach Ettlingen.
Dort musste Vater aussteigen. Ich habe diese Szene bis heute nicht vergessen wie er sich verabschiedet hat. Unendlich lange hat er mich in seinen Armen gehalten.
Dann ist er aus dem Zug gestoßen worden. Er stand tränenüberströmt da und winkte zum Gruß. So war das wirklich der Abschied für immer.“

Elisabeth Müller wusste nichts über die politischen Widerstandshandlungen ihrer Eltern und wurde nach zweimonatigem Gefängnisaufenthalt entlassen.
Als Mitglieder der Komintern wurden HEINRICH MÜLLER und LINA MÜLLER-STUMPP zu Folterverhören nach Berlin gebracht und im August 1943 deportierte man sie in das KZ Sachsenhausen.
In der Sterbeurkunde steht über HEINRICH MÜLLER : Beruf und Religion unbekannt, Wohnort und Wohnung unbekannt.
Das Standesamt II Oranienburg teilt unter der Nummer 3023/1943 mit, dass HEINRICH MÜLLER am 10. August 1943 um 21.15 Uhr in Oranienburg (KZ Sachsenhausen, M.M.) verstorben (erschossen worden, M.M.) ist.
Alle Angaben über Familie, Familienstand und ähnliches fehlen. Datum 19. Oktober 1943, unterzeichnet: Der Standesbeamte (Unterschrift unleserlich. M.M.).
Bei der Verlegung der STOLPERSTEINE für seine Großeltern HEINRICH MÜLLER und LINA MÜLLER-STUMPP legte Manfred Messmer eine Karte unter die STOLPERSTEINE, bevor Gunter Demnig sie mit Zement im Bürgersteig fixierte.

An article appeared in the Basler Zeitung about a guided tour of the Stolpersteine in Freiburg.
A few days later, a call came from Switzerland. Manfred Messmer wanted Stolpersteine for his grandparents who were shot by the Nazis in the concentration camp.
His grandfather was Heinrich Müller, born on March 11th in 1876 in Basel. He had been widowed and married Lina Müller-Stumpp in his second marriage.
Together they had a daughter, Elisabeth, who was born in Freiburg on November 18th in 1926. They lived at Albertstraße 32, today Katharinenstraße 15, on the third floor.
As the grandson told it, the fact that his grandparents had been shot was a taboo subject in the family.
He only knew that they had been in the resistance against the Nazis and had probably also taken Jewish people across the border to Switzerland.
The family’s „hero“ had been his soldier father, Elisabeth Müller’s husband, who had fought in France.
Manfred Messmer gave the following reason for wanting the Stolpersteine: „I am Swiss, but not really. I thought for a long time about whether I should apply for a German passport.
With the stones I also want to provoke the Germans, I can’t stand that history is forgotten. Now the stones are lying there and everyone sees them.“
Without the grandson, the fate of Heinrich Müller and his wife would never have become known.
As was discovered during later research, the parachute agents Elsa Noffke and Georg Tietze, who parachuted into the Kaiserstuhl in 1943 and belonged to the Soviet espionage organisation „Red Chapel“,
were quickly apprehended, tortured and also murdered in concentration camps. The Müllers worked with these two agents, among others – against the Nazis.
Heinrich Müller was taken from Albertstraße together with his wife in a large civilian car. A neighbour, then a child, who observed the arrest on 23 April 1943, recounts:
„The men had leather coats on and the couple got into the car. I still have that image in my mind and can never forget it.“
The daughter Elisabeth Müller, who was 16 at the time, was arrested at her workplace. She reported on the arrest of her and her parents:
„We were taken into the car in handcuffs… then by train to Ettlingen. Father had to get off there. I still haven’t forgotten that scene, how he said goodbye.
He held me in his arms for an infinitely long time. Then he was pushed off the train. He stood there in tears and waved goodbye. So it really was goodbye forever.“
Elisabeth Müller knew nothing about her parents‘ political acts of resistance and was released after spending two months in prison.
As members of the Comintern, Heinrich Müller and Lina Müller-Stumpp were brought to Berlin for torture interrogations and in August 1943 they were deported to Sachsenhausen concentration camp.
In the death certificate it says about Heinrich Müller: profession and religion unknown, place of residence and home unknown.
The registry office II Oranienburg states under the number 3023/1943 that Heinrich Müller died (was shot, M.M.) in Oranienburg (Sachsenhausen concentration camp, M.M.) on 10 August 1943 at 9.15 pm.
All details about family, marital status and the like are missing. Date 19 October 1943, signed: The registrar (signature illegible. M.M.).

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