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Jakob Uffenheimer

JAKOB UFFENHEIMER (A) wird am 8. August 1860 in Breisach in einer kinderreichen Familie geboren. Er bleibt ledig; zuerst in Breisach tätig, betreibt er einen Vieh- und Kleinhandel, der offenbar auch langfristig gut floriert.

 

Denn er kann sich erlauben, 1924 das Freiburger Grundstück Kartäuserstr. 10 (265 qm, Einheitswert 14.800 Reichsmark) als Wohn- sowie Geschäftssitz zu erwerben. Schon früher und in den Folgejahren gelingt ihm der Kauf zahlreicher größerer und kleinerer forst- und landwirtschaftlicher Grundstücke vor allem im Gebiet St. Georgen und Haslach. Von diesen sind viele an Landwirte verpachtet, und andere werden gelegentlich verkauft, wenn der Handelsbetrieb weniger gut verläuft.

Obwohl die Umsätze noch recht befriedigend sind, gibt JAKOB UFFENHEIMER Ende 1935 sein Geschäft auf. Die judenfeindliche Politik der Regierung zwingt ihm diesen Entschluss auf. Außerdem ist er 75 Jahre alt und kann von den Erträgen leben, die ihm seine verschiedenen Vermögensanlagen einbringen.

Allerdings liegen auch große Belastungen auf dem Haus und den Grundstücken, weil er Verwandten und Geschäftskunden gutwillig Bürgschaften in erheblicher Höhe geleistet und Darlehen vergeben hat und jetzt zunehmend wegen deren wachsender Zahlungsunfähigkeit oder – Unwilligkeit etwas in der Klemme sitzt. Offiziell wird seine Firma am 01.07.1938 im Handelsregister gelöscht. Ab Ende des Jahres geht es aber um seine eigene Substanz:

 

  • Im Anschluss an die Reichspogromnacht im November 1938 werden ihm 19.000 Reichs-Mark (RM) als „Judenvermögensabgabe“ abverlangt, welche er durch den Verkauf einiger Grundstücke begleichen kann.
  • Dann misslingt ihm das Eintreiben ca. 10.000 RM an Außenständen, da kein ehemaliger Kunde dem „Juden“ noch seine Schulden zurückzahlen will und muss. Auffallend viele davon sind aus Kappel, Littenweiler oder dem Freiburger Osten.
  • Mit Datum des 24.7.1939 wird ihm durch die sog. „Sicherungsanordnung“ jegliche Verfügung über sein gesamtes Vermögen nur mit Genehmigung der Devisenstelle in Karlsruhe zugestanden. Es beziffert sich zu diesem Zeitpunkt auf über 50.000 RM; also dem Wohnhaus zu 14.800 RM, diversen Grundstücken zu 28.800 RM und Außenständen im Wert von etwa 10.000 RM.
  • Dagegen wird ihm ein Sperrkonto bei der Öffentlichen Sparkasse in Freiburg eingerichtet, dem er einen persönlichen Bedarf von nur 200 RM im Monat entnehmen darf.

 

Am 22. Oktober 1940 wird er mit vielen anderen Freiburger Bürgerinnen und Bürgern mit jüdischer Religion verhaftet und in das Internierungslager KZ-Gurs verschleppt. Mit ihm wird auch sein Neffe SIEGFRIED NELSON 216 und dessen Frau MARIA NELSON 215 deportiert. JAKOB UFFENHEIMER verstirbt bereits am 14. Februar 1941 im Alter von 81 Jahren an diesem brutalen und menschenfeindlichen Ort.

 

Quellen: Staatsarchiv Freiburg, F 196/1-131, 6103. In: Alemannia-judaica.de/breisach findet man den Grabstein für JAKOB UFFENHEIMER auf dem Lager-Friedhof in Gurs in einem schönen Bild hinter einem anderen Bestatteten.

 

Anmerkungen zum finanziellen Aspekt der Deportation des Betroffenen:

  • Sein gesamtes Vermögen wird durch Verfügung vom 9.11.1940 auf Grund des 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.3.1933 beschlagnahmt. Die Landräte und Polizeipräsidenten sind zur Verwertung und Abwicklung dieses Vermögens zuständig. Infolgedessen beginnt ein großer Schriftwechsel über die Verwaltung und den Verkauf der beschlagnahmten Grundstücke, besonders Kartäuserstr. 10. Dieses geht am 8.10.1941 in den Besitz des Kaufmanns Fritz Heitzmann aus Freiburg über – für 20.500 RM, die dem gesperrten Konto JAKOB UFFENHEIMERs zugeschrieben werden. Auch die Firma Schafferer war interessiert, um die Einfahrt zu ihrem eigenen Lagergrundstück Schwabentorstr. 10 zu erleichtern; das ergeht aus einem Schriftverkehr mit Traub, dem Freiburger Chef der GESTAPO hervor. Schon Anfang des Jahres 1941 hatte Heitzmann das gesamte Mobiliar & den Hausrat der Kartäuserstr. 10 beim Freiverkauf durch den Gerichtsvollzieher Asmus für 763 RM erworben. Dazu kommt dann der Reichsfluchtsteuerbescheid“: Am 21.11.1940 schreibt das Finanzamt Freiburg: „Uffenheimer ist nach dem Ausland verzogen (!). Der Aufenthaltsort ist unbekannt“. Ein Jahr (!) später wird der „Reichsfluchtsteuerbescheid“ an seine Freiburger Adresse gesendet, er müsse bei einem Gesamtvermögen von 33.906 RM noch 8.476 RM Steuern bezahlen, „weil er seinen inländischen Wohnsitz aufgegeben hat“. Da war er schon über ein halbes Jahr an den grausamen Lebensbedingungen im KZ-Lager Gurs gestorben…
  • Zum Schluss wird seine finanzielle „Auslöschung“ dekretiert: Alle noch nicht veräußerten Vermögenswerte gehen am 16.11.1942 in den Besitz des Deutschen Reiches über – Grundlage ist wie immer die „11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 29.11.1941“.

 

 

Zu JAKOB UFFENHEIMERs Neffen SIEGFRIED NELSON  216:

  • Er lebte gemeinsam mit seiner Frau MARIA NELSON 215 u.a. auch in der Lehenerstr. 21 und in der Hohenzollernstraße 1in Freiburg. Ihr Sohn Gerhard Nelson wurde am 23.November 1920 in Freiburg geboren.
  • SIEGFRIED NELSON und seine Frau mussten das KZ-Lager Gurs, dann das der Deportation in die Mordlager dienende Sammellager KZ-Drancy erleiden;
  • Er wurde am 12.8.1942 zusammen mit seiner Frau MARIA NELSON in das KZ- Auschwitz-Birkenau weiterdeportiert und sie wurden dort in den Gaskammern ermordet.

Recherche und Text : P.K., Ergänzungen M.M.

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