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Jakob Walter Levi

JAKOB WALTER LEVI (A) wird am 16. Juni 1910 in Freiburg geboren. Seine Eltern sind der Architekt ARTHUR LEVI 354 und seine Ehefrau RINA geb. WEIL 356 . Er ist einziges Kind. Die Familie wohnt zum Zeitpunkt seiner Geburt in der Friedrichstr. 53, ab 1932 im eigenen Haus Hildastr. 21 des Freiburger Stadtteils Wiehre. Über den schulischen Werdegang WALTER LEVIs ist den Akten nichts zu entnehmen. Der Wunsch, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und Architekt zu werden, konkretisiert sich mit seinem Studienbeginn um 1930 in Stuttgart (?) – vermutlich ohne vorhergehende Maurerlehre. Doch bald wird er von erheblichen Selbstzweifeln beherrscht. Diese resultieren nicht nur aus einer geradezu prophetischen Vorausschau auf die zu erwartende, von der aktuellen politischen Machtübergabe der Deutschen an die Nationalsozialistische (NS) Führung ab 1933 heraufbeschworene bedrohliche Lage der „jüdischen“ Bevölkerung gegenüber, sondern auch mit Blick auf seine eigenschöpferische Leistungsfähigkeit als Architekt – vielleicht in Konkurrenz mit dem glänzenden Vater – und möglicherweise schon in Hinblick auf ein späteres Leben außerhalb Deutschlands.
In einem Brief vom 13.1.1934 an seinen Onkel Moritz Levi in Basel berichtet er über seine aktuelle Befindlichkeit: Er sei wieder im März des Jahres nach Stuttgart zurückgekehrt zum Studienbeginn als Diplom-Ingenieur – und dies infolge seiner Umsattelung nach 7 Semestern im Fach Architektur. Das seien zwar „futsche Jahre“, aber er sei ein selbstbewusster Mann geworden. Er liebe die Heimat trotz allem und hoffe dort bleiben zu können, denn er habe den Glauben an Deutschland und seine Menschen.
In seinem jetzigen Berufe gebe es keine Existenz in Deutschland. Und:

„Europa bietet mir keine Chance, Südamerika auch oder Palästina, sog. Aufbauländer, würden bleiben. Letzteres liegt mir sehr wenig, weil ich leider in entgegengesetztem Sinne erzogen bin und weil mir für diese Idee die Liebe und Begeisterung fehlt, die eben notwendig dafür ist. Ersteres wollte ich meinen Eltern nicht zumuten, denn schließlich bin ich einziges Kind“. Und weiter: „Ich würde sicher ein guter Architekt werden (das ist keine Einbildung, das sagen mir Leute, die etwas davon verstehen). Ich liebe meinen Beruf auch und würde ihn auch ungern missen, aber ich habe eben nicht die 100% – ige Begabung und Berufung dafür, und deshalb würde mir mein Entschluss (d.i. der Studienabbruch. P.K.) auch nicht schwerfallen“.

Mit dem Studienabschluss Diplom-Ingenieur für Bauwesen tritt WALTER LEVI bereits im Januar 1936 die Auswanderung nach England an. Über seine berufliche wie soziale Eingliederung in das Gast- und spätere Feindesland ist uns leider nichts bekannt. Auch seinen Eltern glückt die Flucht nach England; Ende September 1938 werden beide in London von ihrem Sohn erwartet. Allerdings beginnen nun Jahre extremer Sparsamkeit: Die Eltern, in Nazi-Deutschland ihres beträchtlichen Vermögens beraubt, können nur ihren Lift mit dem Umzugsgut auf die Insel retten, und der Vater findet in seinem Alter keine berufliche Betätigung mehr. Dies wiederum bedeutet, dass der Sohn den Lebensunterhalt der Eltern in London voll bestreiten muss. ARTHUR LEVI verstirbt am 21.02.1945 in London.
WALTER LEVI, in London N 2, Charlton Drive 15 wohnhaft, ist verheiratet mit Hilde Loeske (leider keine weiteren Daten gefunden). Das Ehepaar bekommt zwei Kinder, Vivian Mary und Susan Ann. Am 9. Mai 1962 verstirbt WALTER LEVI in London im Alter von 52 Jahren. RINA LEVIs Leben endet am 10. Mai 1962, nur einen Tag nach dem Tod ihres Sohnes.

Quellen: Alle für RINA 356 und ARTHUR LEVI 354 angeführten Nachweise.
Zusätze: Die STOLPERSTEINE für die Familie in der Hildastr. 31.

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