Zur Übersicht

Marianne Weil geb. Hirschler

Sie wird am 3. August 1904 in Mannheim als Tochter von Wilhelm Hirschler und Renée geb. Grumbach geboren. Seit Dezember 1926 ist sie verheiratet mit MORITZ WEIL 406 , geb. am 24. April 1895 in Freiburg (oder Mannheim). Das Ehepaar hat zwei Kinder, die Zwillinge Hans-Peter und Robert, die 1927 auf die Welt kommen. Die Familie wohnt (bis 1935) in der Poststr. 5 im eigenen Haus.

Selbst wohlhabenden Verhältnissen entstammend (ihr Vater war Prokurist eines mittelständischen Unternehmens), kann MARIANNE WEIL als junge Frau das Aufblühen der Firma mitverfolgen, bei welcher ihr Mann zuerst als Teilhaber, dann eigenverantwortlich in einem der bedeutendsten Unternehmen der Papierindustrie im regionalen Umfeld fungiert. Allem Anschein nach ist sie nicht in das operative Geschäftsleben eingebunden. Aber sie registriert die im Gefolge des Machtwechsels 1933 anschwellende judenfeindliche Stimmung und die sich schon kurze Zeit später in konkreten antijüdische Maßnahmen auswirkenden gesetzlichen Verfügungen mit großer Besorgnis.

In den folgenden Jahren erlebt MARIANNE WEIL an der Seite ihres Mannes die in Etappen verlaufende und schliessliche Zerstörung seines Lebenswerkes Ende 1936. Noch vorher, im März 1935, hatten beide in der Hoffnung auf bessere Zeiten das Freiburger Hausgrundstück/Villa Kunigundenstr. 16 in gemeinsamen Besitz erworben. Doch jetzt 2 Jahre später hat der Entschluss, Deutschland zu verlassen, alle anderen Überlegungen zu ihrer geschäftlichen und privaten Zukunft in diesem Lande überlagert. Und so flüchtet vom 6. bis 8. Februar 1938 die gesamte Familie in die Schweiz nach Basel. Dorthin, wo sich eine kleine Filiale des Freiburger Papierunternehmens befindet, können die Eltern einen Teil ihres bedeutenden Vermögens retten und die Pläne einer anschließenden weiteren Flucht in die USA weiterverfolgen. Die beiden Söhne werden unterdessen dem Knabeninternat Zugerberg/Ch anvertraut.

Im September 1938 reisen alle über Frankreich nach Holland und mit der New Amsterdam nach New York. Nach 5tägigem Aufenthalt schließt sich eine weitere Seereise an, an deren Ende sie, durch den Panamakanal geleitet, San Francisco erreichen. Dort findet die Familie eine neue und endgültige Heimat.
Nach dem Tod ihres Mannes im April 1984 übersiedelt MARIANNE WEIL zu ihrem Sohn John (Hans-Peter) Weil nach Oakland/Ca. Dort verstirbt sie am 1. Juni 1998 im Alter von 94 Jahren. Fast genau 50 Jahre, fast die Hälfte ihres Lebens, hat sie in den USA verbracht.

Quellen: Staatsarchiv Freiburg, F 196/1-2912 und verschiedene Akten zur Restitutution, siehe auch MORITZ WEIL 406 . Akten zur Wiedergutmachung sind am obigen Ort auch für die beiden Kinder (F 196/1 – 9597 und -10304) vorhanden, wurden aber nicht konsultiert.
Anmerkungen: Viele Jahre standen uns diese Akten , trotz mehrfacher Nachfrage, nicht zur Verfügung.
Außerordentlich umfangreiche, über viele Jahre sich hinziehende, die Justizbehörden in mehreren Instanzen beschäftigende und für die klägerische Seite (Kläger und Rechtsanwälte gleichermaßen) lohnenswerte & erfolgreiche Durchführung der Erstattungs-Verhandlungen. In der Regel werden Vergleiche erzielt; aber gerade sie offenbaren die Unterschiede in der Durchführung der „Arisierung“, bei welcher es ja ein weites Feld zwischen ehrlich-loyalen und heimtückisch-übervorteilenden Verhandlungs- und Verkaufsbedingungen gab.

Weitere Informationen zur „arisierten“ Villa Kunigundenstr. 16 (heute Prinz-Eugen-Str.26) grundbuchlich festgeschrieben zur einen Hälfte als Eigentum von MARIANNE WEIL:

  • Nicht eigentlich die die „Arisierung“ begleitenden Übernahmebedingungen des Grundstücks durch die Stadt Freiburg geben Anlass zur Empörung; da geht es einigermaßen loyal zu;
  • Denn auch das Ehepaar WEIL versteht es, durch geschickte Kauf- und Wiederverkaufspraxis im Zusammenhang mit Kunigundenstr. und dem angrenzenden Umland die Gunst (und den Zwang) der Stunde auszunutzen;
  • Ganz und gar „unschön“ ist dann allerdings, was aufgrund des Besitzwechsels an die Stadt Freiburg mit dem verfügbaren Villengrundstück in der Folgezeit geschieht:
  • Nach Luxussanierung der Einzug des Nazi-OB Dr. Kerber;
  • Nach dem Krieg als Mieter die französische Besatzungsverwaltung und danach der amerikanische Chef des Karl-Schurz-Hauses;
  • Und schließlich folgt zuerst als Mieter und als späterer Besitzer des Hauses der Freiburger OB Dr. Böhme in den 90er Jahren. Er habe freundschaftliche Kontakte zu den Nachkommen der im Februar 1938 geflüchteten Familie WEIL hergestellt, betonte Ex-OB-Böhme in seinem Buch*. Vermutlich, weil er in einem derart belasteten Haus ruhigen Gewissens leben und dies auch zeigen wollte.

* Buch von Dr.Böhme: „Orte der Erinnerung – Wege der Versöhnung“.

Alle anzeigen