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Rina Levi geb. Weil

Sie wurde am 8. Dezember 1886 in Freiburg als Tochter des Eichstettener Kaufmanns Heinrich Weil und seiner Ehefrau Frieda geb. Odenheimer geboren.
Verheiratet mit ARTHUR LEVI 354 , geboren am 19.11.1873 in Konstanz, Sohn des Jakob Levi und der Adelheid geb. Weil aus Freiburg. WALTER LEVI 355, geboren am 16. Juni 1920, ist ihr einziges Kind. Die Familie wohnt in der Friedrichstr. 53.

An der Seite ihres Mannes, dem ideenreichen und wohl meistbeschäftigten Architekten Freiburgs zu Anfang des neuen Jahrhunderts, genießt sie ebenso wie dieser die wachsende Wertschätzung von Seiten der Kunden aus dem öffentlichen wie privaten Sektor; noch ist keinerlei Rede von neidischen Konkurrenten für ARTHUR LEVI, welche ihm und seiner Familie den beruflichen Erfolg wegen seines „Jüdisch-Seins“ missgönnen. Zum anderen muss sie doch bangen, ob ihr Mann – im Alter von 41 Jahren und für die gesamte Dauer des Krieges im Felde – diesen unversehrt übersteht und dem gerade 4jährigen Sohn WALTER LEVI als gesunder Vater erhalten bleibt.

Dann kommen wieder viele glückliche Jahre mit dem politischen Engagement ihres Mannes im Freiburger Stadtparlament; mit den dem Berufsbild des Vaters nachstrebenden Interessen von WALTER LEVI und schließlich mit dem Kauf des Hauses Hildastr. 31, in welchem sich repräsentativer Wohnsitz und sichere Geldanlage die Waage halten sollen.

Dann aber endet mit dem Machtgewinn der NSDAP im Jahre 1933 die Erfolgsgeschichte der Familie abrupt. Jetzt geraten insbesondere diejenigen ins Visier, welche als „jüdische“ Unternehmen besondere Erfolge erzielt haben. RINA LEVI muss daher zusehen, wie ihrem Mann – nach kurzfristigen Inhaftierungen – Anfang 1934 ein für seine Person auf Dauer geltendes Arbeitsverbot auferlegt wird. Das bedeutet natürlich die Aufgabe seines beruflichen Wirkens als Architekt, der Verlust geldlicher Einnahmen aus produktiver Tätigkeit und vor allem der Wegfall einer Beschäftigung in einem Leben voll kreativer Gestaltung.

Dann die Krise um WALTER LEVI. Bei ihm begegnen sich seit 1934 die Infragestellung des eigenen Geeignetseins zum Beruf als Architekt mit der frühen Betroffenheit, als „Jude“ weiterhin in Deutschland leben zu können. Seine Entscheidung endet folgerichtig im Studienwechsel zum praktischen Examensziel Diplom-Ingenieur für Bauwesen und für die Flucht nach England im Januar 1936.

Diese Jahre – jetzt auch ohne WALTER LEVI – sind von großer Hoffnungslosigkeit geprägt. Fast täglich ergehen neue, die „jüdische“ Bevölkerung betreffende Einschränkungen und Schikanen. Hat ihr Sohn mit seiner Entscheidung das Richtige getan? Bei RINA LEVI, die unter der erzwungenen Tatenlosigkeit ihres Mannes und dem „Verlust“ ihres Sohnes sehr leidet, wird die seelische Zermürbung von Angehörigen besonders augenfällig, welche bewusst als Verfolgungsmittel eingesetzt ist.

Dann endlich die Entscheidung zur Auswanderung – in die Nähe zu Sohn WALTER LEVI. Nach unzähligen finanziellen und administrativen Schritten, aus denen LEVIs keineswegs als reiche Auswanderer, sondern als durch die „Arisierung“ heimgesuchte Flüchtlinge sich offenbaren, nun der 14. September 1938, Tag der Abreise. Hochgespannte Erwartungen und gemischte Gefühle – auf beiden Seiten verteilt … In London werden sie von ihrem Sohn empfangen – und die Freude der Rettung und des Wiedersehens übertrifft alle störenden Gedanken. Später bekennt er, die Eltern seien ohne jegliche geldliche Mittel gekommen, so dass er ihren Lebensunterhalt in London voll bestreiten muss – ein großes Problem.
Daneben ist das Leben in England für Flüchtlinge trostlos und später vom Krieg gegen Deutschland überschattet – für RINA LEVI besonders … da nach 52 Jahren zum ersten Mal und endgültig das Heimatland in Richtung Norden verlassend.

Wieder muss sie die erzwungene Tatenlosigkeit ihres Mannes in London erleben, welcher in seinem Alter keine Beschäftigung mehr finden kann. ARTHUR LEVI ist am 21. Februar 1945 im Alter von 72 Jahren in London verstorben.

In langjähriger Geduld widmet sich RINA LEVI ab den 50er Jahren der „Wiedergutmachung“ und Restitution ihrer Familie. Selbst schwer krank infolge jahrelanger Aufregungen durch die NS-Pressionen, hält sie in bewunderungswürdiger Energie die endlose Korrespondenz mit den deutschen Nachkriegsbehörden durch – und mit Erfolg.
RINA LEVI verstirbt am 10. Mai 1962 im Alter von 76 Jahren in London, einen Tag nach dem Tod ihres Sohnes WALTER LEVI.

Quellen: siehe Arthur Levi 354.
Recherche und Text : P.K.

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