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Rosa Regina Bloch

ROSA REGINA (auch Regine) BLOCH wurde am 20. November 1873 geboren. Sie lebte mit ihrer Familie bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in Ihringen. Dann zog sie zusammen mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn Gustav Judas nach Freiburg. Diese wohnten mit ihren Kindern Carl und Anneliese in der Poststraße 6. ROSA REGINA BLOCH wohnte in Freiburg-Herdern in der Starkenstraße 39 zusammen mit JETTE JUDAS, der Mutter ihres Schwiegersohnes.

Ihr Enkel Carl Judas nannte sich – nach erfolgreicher Flucht mit seiner Familie in New York – Carl Jaburg. Er hat dann auch als Soldat auf Seiten der Amerikaner gegen die deutschen Nazi-Truppen gekämpft. Seinen Namen hat er damals geändert, damit im Falle einer Gefangennahme durch die Deutschen nichts auf seine jüdische Herkunft hinweist. Den neuen Namen hat seine Familie dann auch nach dem Krieg beibehalten.

Carl Jaburg besuchte von 1936 bis 1940 die jüdische Zwangsschule in Freiburg, weil Kinder mit jüdischer Religion nicht mehr mit sog.“arischen“ Kindern in eine Klasse gehen durften. Zuerst war diese Zwangsschule in zwei Räumen der Lessingschule untergebracht. Nach der Reichspogromnacht 1938 musste der Schulunterricht dann in den Räumen des Jüdischen Gemeindehauses am Werthmannplatz stattfinden. Der Enkel erinnert sich noch gut an ROSA REGINA BLOCH. In einem Brief vom 18.Juli 2005 schreibt er an Marlis Meckel :

Meine Großmutter war Hausfrau, wie das in diesen Tagen üblich war. Sie war sehr warm und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Ich liebte es, als sie in Ihringen wohnten und wir in Freiburg. Wir besuchten sie oft. In den 1930ern war Ihringen ein Ort, an dem ich keine Angst haben musste. Als sie mit uns zu Kriegsbeginn nach Freiburg zog, hatten wir eine wunderbare Beziehung, meine Schwester und ich hatten sie wirklich sehr gern. Sie war sehr intelligent, wir haben viele, viele Diskussionen mit ihr geführt.

Der Vater Gustav Judas sollte 1938 nach der Reichspogromnacht, wie alle anderen Männer mit jüdischer Religion aus dieser Stadt Freiburg, verhaftet und in das KZ Dachau deportiert werden. Er, der im Ersten Weltkrieg als Soldat für Deutschland gekämpft hatte, bekam jedoch eine Warnung eines Kriegskameraden, der in Freiburg Polizist war. Gustav Judas organisierte mit Hilfe seines Soldatenfreundes einen Klinik- und Operationstermin und ließ eine schon lange fällige Kropf-Operation durchführen. Somit sind ihm die furchtbaren Erfahrungen, die alle Gefangenen im KZ Dachau machen mussten, erspart geblieben.

Dann wurde er noch einmal von diesem Mann gewarnt. Dieser Mann, der frühere Kriegskamerad Fritz Schaffner aus Freiburg, war Polizist und wusste somit rechtzeitig von der Oktober-Deportation 1940 und dem Schicksal, das damit der Familie Judas drohte. Zusammen mit den Kindern Carl und Anneliese konnte sich das Ehepaar verstecken und sie entzogen sich damit der Deportation nach Gurs. Als sie aber auch keine Lebensmittelmarken mehr bekamen, bemühte sich die Familie Schaffner die Familie Judas mit zu ernähren. Offenbar hatte die Familie Judas schon länger Visa für die USA beantragt. Fritz Schaffner besorgte zudem auch Fahrkarten, damit die Familie Judas über Berlin Deutschland verlassen konnte. Bis zur Ausreise 1941 verließen die Eltern von Carl Judas nicht mehr das Haus. Carl Judas war derjenige, der den Kontakt zu Schaffners aufrecht erhielt. Als die Familie endlich Deutschland verlassen konnte, musste sie von Berlin aus in einem verplombten Zug quer durch ganz Europa nach Lissabon fahren, um dort ein Schiff nach New York zu besteigen.

Auch ROSA REGINA BLOCH und JETTE JUDAS, Carls andere Großmutter, wären gerne mit in die USA geflohen. „Sie bekamen kein Visum, weil das US State Department absolut die Ausgabe von Visa stoppte. Da waren einige Antisemiten in diesem Department. Natürlich wollten sie mit uns zusammenleben, auch in den USA, aber wir konnten uns niemals vorstellen, dass man diese alten Damen nicht in Frieden leben lässt“, berichtet Carl Jaburg in seinem Brief.

Am 22. August 1942 wird ROSA REGINA BLOCH, 69 Jahre alt, jedoch verhaftet und mit dem Transport XIII/1 über Stuttgart in das KZ Theresienstadt deportiert. In diesem schrecklichen KZ musste sie fast 2 Jahre um ihr tägliches Überleben kämpfen. Aber es kommt noch grausamer: vom KZ Theresienstadt bringen die deutschen Nazis ROSA REGINA BLOCH mit dem sog. Altentransport Ea am 16.Mai 1944 mit 2.499 anderen gefangenen Menschen in das KZ Auschwitz. Dort wurde ROSA REGINA BLOCH in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau im Alter von 71 Jahren ermordet.

Den STOLPERSTEIN für ROSA REGINA BLOCH verlegten Schülerinnen und Schüler der Lessing-Realschule am 28.Mai 2003 mit Hilfe von Dieter Saier vom Tiefbauamt Freiburg. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Rosita Dienst-Demuth hatten sie in der Geschichtswerkstatt über die jüdische Zwangsschule – und damit auch über das Leben und die Flucht von Carl Jaburg, geboren 1926 – recherchiert. Sie hatten geforscht und auch vom tragischen Schicksal, dem Mord und Tod seiner zwei Großmütter erfahren.

Carl Jaburg reiste von New York nach Freiburg mit zwölf Familienmitgliedern, um die STOLPERSTEINE vor seinem Kindheitshaus zu sehen und seinen Großmüttern so noch einmal die letzte Ehre zu erweisen. Außerdem wollte er seinen Kindern und Enkeln gemeinsam das Haus zeigen, in dem er als kleiner Junge so oft zu Besuch war und auch gewohnt hatte. Marlis Meckel, die Initiatorin der Freiburger STOLPERSTEINE, bemühte sich im Vorfeld des Besuchs darum, von der Mieterin des Hauses die Erlaubnis für diesen Familien-Besuch zu bekommen – vergeblich. Später gelang es Carl Jaburg, allerdings nur alleine, einen Blick in die Räume zu werfen. Seine Kinder und Enkel waren zu diesem Zeitpunkt jedoch schon wieder abgereist. Als der Eigentümer des Hauses später von der Weigerung seiner Mieterin, der Familie Judas das Haus zu zeigen, erfuhr, sprach er seiner Mieterin die sofortige Kündigung aus.

Die umfangreichen Informationen zum Schicksal von ROSA REGINA BLOCH und ihrer Familie verdanken wir zu einem Teil auch Dr. Christiane Walesch-Schneller, Vorsitzende des Fördervereins Ehemaliges jüdisches Gemeindehaus in Breisach. Sie hat auch die Kontakte zu dem Enkel Carl Judas, später Carl Jaburg, hergestellt. Leider ist Carl Jaburg inzwischen gestorben.

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